Clausewitz für Südamerika
Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr- Datum:
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Clausewitz und sein Werk „Vom Kriege“ standen im Mittelpunkt des akademischen Austausches des ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr mit verschiedenen südamerikanischen Militärakademien. In zwei Vorlesungsblöcken bot Oberst Dr. Johann Schmid Einblicke in das Werk des preußischen Kriegsphilosophen.
Am 16. und 23. Juni 2023 trug Oberst Dr. Johann Schmid in zwei virtuellen Vorlesungsblöcken vor den Militärakademien Perus (Luftwaffe, Heer, Marine) sowie den Luftwaffenakademien Argentiniens, Brasiliens, Chiles und Kolumbiens zur Theorie und Methode des preußischen Generals und Kriegsphilosophen Carl von Clausewitz vor.
Der bilaterale akademische Austausch war auf Anregung der peruanischen Luftwaffenakademie Escuela Superior de Guerra Aerea (ESFAP) zustande gekommen. Kriegstheoretische Grundlagen und die Dialektik von Offensive und Defensive standen im Fokus. Die Übertragung ausgewählter Erkenntnisse zur Analyse des aktuellen Kriegsgeschehens in der Ukraine rundete die Betrachtung ab.
Wozu eine Theorie des Krieges nützlich sein kann, für wen sie relevant ist (oder sein sollte) und was Clausewitz mit seinem Werk „Vom Kriege“ diesbezüglich anzubieten hat, mit diesen Fragen befasste sich Dr. Johann Schmid im Rahmen des ersten Vorlesungsblocks am 16. Juni 2023.
Neben dem Begriffsverständnis zu Krieg und dem Wechselverhältnis zwischen Krieg und Politik bei Carl von Clausewitz stellte er insbesondere drei Dinge heraus:
Im zweiten Vorlesungsblock am 23. Juni 2023 betrachtete Oberst Dr. Schmid das dialektische Wechselverhältnis von Angriff und Verteidigung in „Vom Kriege“. Im Mittelpunkt stand die Clausewitzsche Konzeption von der größeren Stärke der Verteidigung. Hierbei handelt es sich um eine der zentralen inhaltlichen Botschaften in „Vom Kriege“, deren Argumentationslinien sich durch das gesamte Werk erstrecken. Mit diesem Konzept setzte Clausewitz einen bewussten Kontrapunkt gegen das herrschende (napoleonische) Offensivdenken seiner Zeit. Die praktische Relevanz dieser Überlegungen wurde an zwei Beispielen verdeutlicht:
Mit „Vom Kriege“ bietet Clausewitz eine zeitübergreifende Theorie des Krieges. Der bleibende Wert seines Werkes ergibt sich insbesondere aus seiner Methode der Betrachtung in Verbindung mit den auf das Wesen des Phänomens Krieg bezogenen zeitübergreifenden inhaltlichen Botschaften und Konzepten. Urteilsschulung mit Blick auf Krieg, nicht das Rezept zur Kriegführung war sein Ziel. Als „Resultat für die Theorie“ hielt Clausewitz fest:
„Der Krieg ist also nicht nur ein wahres Chamäleon, weil er in jedem konkreten Falle seine Natur etwas ändert, sondern er ist auch seinen Gesamterscheinungen nach, in Beziehung auf die in ihm herrschenden Tendenzen eine wunderliche Dreifaltigkeit, zusammengesetzt aus der ursprünglichen Gewaltsamkeit seines Elementes, dem Haß und der Feindschaft, die wie ein blinder Naturtrieb anzusehen sind, aus dem Spiel der Wahrscheinlichkeiten und des Zufalls, die ihn zu einer freien Seelentätigkeit machen, und aus der untergeordneten Natur eines politischen Werkzeuges, wodurch er dem bloßen Verstande anheimfällt.“