Zugehört 81 - Transkript
Zugehört 81 - Transkript
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Major Michael Gutzeit:
Meine Damen und Herren, herzlich willkommen zur neuen Folge von Zugehört, dem Podcast des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr. Mein Name ist Michael Gutzeit. Ich bin Major und Leiter der Informationsarbeit hier im ZMSBwZentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr und dort sitze ich mit Herrn Oberstleutnant Dr. Heiner Möllers. Er ist Militärhistoriker und forscht zur Geschichte der Bundeswehr im Forschungsbereich Militärgeschichte ab 1945.
Oberstleutnant Dr. Heiner Möllers:
Schönen guten Tag!
Gutzeit:
Und das bringt mich zu meiner ersten Frage, Herr Oberstleutnant, warum trat denn die Bundesrepublik Deutschland genau zehn Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs der NATO bei? Nämlich am 9. Mai 1955.
Möllers:
Um ihre Existenz zu sichern! Der damalige Bundeskanzler Adenauer hat schon seit Beginn seiner Amtszeit und es gibt Historiker, die sagen, es ging schon etwas früher los sich sehr intensiv damit beschäftigt, was ein souveräner Staat braucht, um nach innen und außen Sicherheit zu gewährleisten. Und da war die NATO für diese neu entstandene Demokratie nach westlichem Vorbild die einzige wirkliche Adresse, die diese Sicherheit gewährleisten konnte.
Gutzeit:
Wie hat denn das die NATO gemacht? Die NATO war ja schon viel früher gegründet worden. Wozu wurde sie denn gegründet? Weil die Verbündeten die Alliierten besiegten gemeinsam den Nationalsozialismus. Also warum gibt es ein neues Verteidigungsbündnis der westlichen Staaten?
Möllers:
Ja, relativ einfach kann man das verstehen. Die westlichen Staaten haben nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Streitkräfte in großem Maße demobilisiert, also die Soldaten wieder nach Hause geschickt, während eben die Sowjetunion zum einen ihre Armee mit einer Stärke von annähernd 5 Millionen Soldaten beibehalten hat und den Staaten in Osteuropa, also Polen, die Tschechoslowakei, die dann entstandene DDRDeutsche Demokratische Republik, Ungarn, Rumänien, Bulgarien sozusagen in ihren Machtbereich einbezogen hat. Das funktionierte vor allem dadurch, dass sie nach und nach dort sozialistische kommunistische Regierung etabliert hat. In der DDRDeutsche Demokratische Republik ist es ganz bemerkenswert, sozusagen mit Ulbricht und der Gruppe Moskau. Und vor allem hatte sie eben auch in vielen von diesen Staaten teilweise bis 1990 sozusagen Besatzungstruppen. Also das war der große Bruder, da waren keine Besatzungstruppen in der politischen Kommunikation, aber faktisch waren es Besatzungstruppen. Und der Westen hatte hinsichtlich seiner äußeren Sicherheit deutlich weniger Streitkräfte. Den Ländern war klar, dass sie in einer sich so neu aufteilenden Welt im Ost-West-Konflikt Sicherheit nur gemeinsam gewährleisten konnten. Und deswegen haben sich eben 1949 die westeuropäischen Staaten mit den USAUnited States of America und Kanada in dieser NATO zusammengeschlossen. Und jetzt gibt es eben noch diesen ganz besonderen Fall Deutschland, also die beiden deutschen Staaten, die eben genau an der Nahtlinie dieser beiden Blöcke existieren. Die innerdeutsche Grenze ist der Eiserne Vorhang, nicht nur sprichwörtlich, sondern tatsächlich und für die Bundesrepublik war eben relativ schnell klar oder für den Bundeskanzler Adenauer, dass nur das westliche Bündnis für ihn in Frage kommt. Dabei hat man dann den Anspruch auf Wiedervereinigung, ich sage es mal so politisch etwas zurückgestellt. Der kommt dann 1990 relativ überraschend. Aber dieses Bündnis, die NATO als Wertegemeinschaft westlicher Demokratien, ist sozusagen die sicherheitspolitische Lebensversicherung der Bundesrepublik in diesem Ost-West-Konflikt.
Gutzeit:
Nun hatten ja die anderen NATO Staaten schon Streitkräfte, aber Deutschland hatte noch keine, ist aber der NATO beigetreten. Wie ging dann der Aufbau der Streitkräfte vonstatten? Trat ein Land dem Verteidigungsbündnis bei, ohne Truppen zu haben?
Möllers:
Das ist im Grunde genommen ein Einzelfall, glaube ich in der Geschichte insgesamt, dass ein Staat entsteht und sich die Streitkräfte dann auf der politischen Ebene in diesen Staat, in seine Verfassung, in seine ganze Konstruktion integriert. Und es ist wirklich bemerkenswert, dass in dem Moment, wo die Bundesrepublik zur NATO beitritt, im Mai 55 formal noch keinen einzigen Soldaten hat. Das kommt erst ab dem November und dann insbesondere ab Januar 56. Aber in diesem Prozess, in dem sich dann die Bundeswehr sozusagen herausschält, der 1950 mit dem Koreakrieg so einen richtigen Katalysator erhält, also der Kommunismus will sich ausdehnen. Wir müssen etwas dagegen tun. Die westlichen Staaten sagen Wir sind bereit, euch unter bestimmten Umständen einzubinden, aber ihr müsst dafür auch etwas liefern. Das hat sich schon 48, 49 so ein bisschen bei Insidern herauskristallisiert, im Umfeld von Adenauer aber nach dem Koreakrieg mit der Konferenz von Himmerod, wo also militärische Experten hingeschickt werden, um zu überlegen, wie deutsche Streitkräfte westdeutsche Streitkräfte zur Verteidigung Westeuropas aussehen könnten. Da schält sich dann aus meiner Sicht so zwei Größen heraus, nämlich einmal 500.000 Soldaten, die die Bundesrepublik leisten kann und soll. Und auf der anderen Seite die zwölf Divisionen und kurioserweise diese beiden rechten Größen werden also in den nächsten Jahren peu à peu umgesetzt.
Gutzeit:
Wenn wir über Rechenbeispiele sprechen, dann mag die Summe stimmen. Aber wie war das Verhältnis untereinander? Ich denke, das ist eine große Leistung eines Bündnisses. Wenn man jemanden aufnimmt, gegen den man die meisten vor zehn Jahren noch erbittert gekämpft hat.
Möllers:
Ja, und die Vorbehalte denke ich mal bei den westlichen Nachbarn der Bundesrepublik, also den Beneluxstaaten oder Frankreich, waren ausgesprochen groß. Aber die Integration in die NATO mit einem gemeinsamen Bündnis Zweck eben Sicherheit zu produzieren, diese Staaten dann irgendwo auch dahin gebracht, dass sie das akzeptieren. Wir dürfen jetzt aber eins nicht übersehen Dieser Beitritt zur NATO kommt ja im Herbst 1954 relativ plötzlich auf die Tagesordnung. Die NATO gibt es schon seit fünf Jahren, aber seit 1950 diskutiert und verhandelt man über die Europäische Verteidigungsgemeinschaft. Also man will eine europäische Armee aufbauen, in der nationale Truppenteile nur bis zum Bataillons Element existieren. Alles darüber soll multinational gemischt sein. Und diese EVG scheitert am französischen Widerstand, ihre Truppen möglicherweise unter einen anderen Oberbefehl zu stellen. Und die Nationalversammlung in Frankreich setzt ja die Ratifizierung des EVG- Vertragswerkes von der Tagesordnung ab. Man hat also vier Jahre lang für nichts verhandelt, aber in der Bundesrepublik im Amt Blank, dieser Keimzelle des Verteidigungsministeriums, sind die Arbeiten ja immer weitergegangen. Man hat sich immer wieder über Strukturen Gedanken gemacht, man hat sich darüber Gedanken gemacht, an welchen Standorten die Bundeswehr oder diese neuen Streitkräfte etabliert werden können, so dass im Endeffekt ab Oktober 1954 in diesem Aufnahmeprozess in die NATO nicht mehr die Frage im Raum steht: Wie viele Soldaten soll es denn sein? Sondern Wie bekommen wir jetzt sozusagen eine deutsche Armee über die wir vier Jahre lang geredet haben, als nationale Streitmacht in die NATO integriert?
Gutzeit:
Wenn wir über die NATO von damals sprechen und die große Hypothek, die sie auch mit Deutschland aufgenommen hatte, was war dann aber das gemeinsame Ziel der NATO Staaten? Auf welches politische Ziel hat man sich geeinigt? Können wir da noch mal genauer drauf eingehen?
Möllers:
Also zuallererst muss man verstehen, dass die NATO ein politisches Bündnis mit einer Militärorganisation ist. Das heißt also, es ist der Zusammenschluss von souveränen Staaten. Und jeder dieser souveränen Staaten gibt ein gewisses Maß an seinen eigenen Zuständigkeiten für äußere Sicherheit an diese Allianz ab. Und das gemeinsame Ziel ist relativ einfach zu verstehen. Die Gemengelage in diesem Ost-West-Konflikt, der relativ monolithische Ostblock unter straffer sowjetischer Führung, dem steht jetzt eine NATO gegenüber, die eben aus souveränen Staaten mit nationalen Eigenheiten auch gegenüber. Und das, was die NATO eben vereint, ist der gemeinsame Wille, Sicherheit zusammen zu etablieren. Also das, was Sie in der Einleitung sagten Frieden in Freiheit, darum geht es der NATO. Und das hat sie bis 1990 im ersten Schritt auf jeden Fall geschafft.
Gutzeit:
Und das stand auch schon zu Beginn fest im Artikel fünf, wenn ein Mitgliedsstaat angegriffen wird, werden alle angegriffen. Einer für alle, alle für einen.
Möllers:
Und daraus resultiert ja auch dann das Risiko für die Gegenseite. Also wenn sowjetische Soldaten die innerdeutsche Grenze überschreiten, haben sie es eben nicht nur mit 30, 40, 50 oder 500000 Soldaten der Bundeswehr zu tun, sondern eben auch mit Niederländern, Briten, Belgiern, Amerikanern. Weiter oben Dänen weiter unten Italiener, Griechen, Türken usw. Das heißt also, dieser gemeinsame Wille, die eigene Sicherheit zu garantieren, der hat funktioniert.
Gutzeit:
Wenn wir von der einen Seite sprechen, möchte ich auch mal über die andere Seite sprechen. Über sie haben eben Gegenseite gesprochen, weil es gab ja nicht damals ein Deutschland, sondern zwei. Wie hat denn zum Beispiel in der DDRDeutsche Demokratische Republik das Ganze funktioniert? Weil die DDRDeutsche Demokratische Republik wurde auch Mitglied eines Verteidigungsbündnis des Warschauer Paktes. Wie lief das ab?
Möllers:
Ja, es gehört ja zur politischen Kommunikation der damaligen Zeit dazu, dass der Warschauer Pakt eben nach der NATO entsteht und auf den ersten Blick der Eindruck aufkommen könnte Das ist ja nur eine Reaktion auf die NATO. Tatsächlich aber muss man noch einmal sehen: Erstens Die Sowjetunion hatte in jedem seiner Satellitenstaaten, möchte ich sagen, Truppen stationiert. Und insbesondere die DDRDeutsche Demokratische Republik war ja im Ostblock der Musterknabe. Also das, was in der DDRDeutsche Demokratische Republik an Staatsbildung stattfindet, wird ja von dieser Gruppe Ulbricht, also von deutschen Exil Kommunisten über den Zusammenschluss von SPDSozialdemokratische Partei Deutschlands und KPD zur SEDSozialistische Einheitspartei Deutschlands etabliert und in ganz enger Anlehnung an Moskau oder die Sowjetunion dann umgesetzt. Es gibt ja diesen schönen Spruch: Es muss demokratisch aussehen, aber wir müssen die Kontrolle haben. Das charakterisiert ja die Rolle der SEDSozialistische Einheitspartei Deutschlands in der damaligen DDRDeutsche Demokratische Republik. Und in der DDRDeutsche Demokratische Republik geht ja eben schon spätestens 1952 mit dem Aufbau der Kasernierten Volkspolizei die Aufrüstung los. Das heißt also unter dem Namen einer Polizei Formation entstehen das, was nachher dann zur Nationalen Volksarmee wird, das hat es in der Bundesrepublik ja eben nicht gegeben. Und von daher muss man einfach feststellen, dass die Etablierung militärischer Strukturen oder der Aufbau der Streitkräfte in der DDRDeutsche Demokratische Republik scheinbar von einer viel deutlicheren Konsequenz geprägt war als in der Bundesrepublik.
Gutzeit:
Aber wie kam es bei den Menschen an? Also wenn ich mir vorstellen würde, ich hätte damals gelebt und ich würde das vielleicht als normaler Bürger Bürgerin betrachten und ich sehe im Osten gründen sich deutsche Streitkräfte später als im Westen. Es gibt ein Verteidigungsbündnis der sozialistischen Staaten, später als der westlichen. Wie kam denn zum Beispiel der Beitritt der Bundesrepublik Deutschland zur NATO im Gebiet der BRD eigentlich an?
Möllers:
Da müssen wir uns die zeitlichen Umstände mal ansehen. Also ich hatte vorhin gesagt, der Koreakrieg 1950 zeigt, der Kommunismus will sich ausdehnen. Die Bürger in Deutschland und auch in der Bundesrepublik sehen sehr genau hin, dass im Juni 1953 bei dem sogenannten Arbeiteraufstand die Staatsführung der DDRDeutsche Demokratische Republik auch sowjetisches Militär zu Hilfe ruft, um eine Krise zu lösen. Und jetzt kommen noch andere Krisen-Ereignisse eben dazu. 1956 der Ungarnaufstand, den eben die sowjetischen Streitkräfte niederknüppeln. Das heißt also, in der Bundesrepublik Deutschland ist ein Großteil der Bevölkerung, aber nicht die Mehrheit. Sicherlich nicht für die Aufstellung neuer Streitkräfte. Insbesondere die Kriegsgedienten haben von Krieg und Militär sicherlich die Nase voll. Aber die außenpolitische Entwicklung in Europa und der Welt lässt viele eine neue westdeutsche Armee wenigstens als kleinstes Übel aussehen. Und wenn man dann eben sich mal die Wahlergebnisse in der Bundesrepublik Deutschland anguckt, also Konrad Adenauer und seine CDUChristlich Demokratische Union gewinnen 1949 31 %, 1954, kurz nach dem 17. Juni, sind sie mit 45 % schon deutlich mit Abstand die stärkste Partei im Bundestag. Und 1957, da haben wir gerade den Ungarnaufstand hinter uns, da gewinnt die CDUChristlich Demokratische Union die absolute Mehrheit. Also man kann da schon von einer großen Zustimmung der westdeutschen Bevölkerung zu dieser Außenpolitik von Adenauer mit Westbindung, mit Aufbau von Streitkräften, mit Integration in das europäische Umfeld und in die NATO erkennen.
Gutzeit:
Also es gab auf der einen Seite zwar eine Ohne-mich-Bewegung, eine gewisse Abwehrhaltung, generell aber eine Zustimmung. Wie war denn aber die Zustimmung der NATO oder der anderen NATO Staaten? Weil die Bundeswehr musste ja, ich sage mal neu anfangen. Man hat zwar auch auf altes Personal aus der Wehrmacht zugegriffen, aber die Rechnung, die Sie eben schon mal angesprochen hatten mit den 500.000 Soldaten, die passt ja eigentlich erst 20 Jahre später, so ab Mitte der 70er Jahre. Wie ging der Aufbau der deutschen Streitkräfte in der NATO voran?
Möllers:
Also vor dem Hintergrund Ihrer Frage Wie sieht die NATO das? Funktioniert das Bündnis ja auch mit einem Mechanismus, den ich einfach mal als Einhegung beschreiben würde. Das heißt also, die NATO hat eine gemeinsame militärische Kommandostruktur, sie hat eine gemeinsame politische Organisation, in der aus allen Mitgliedsstaaten Militärs, Politiker, Diplomaten Stellen und Posten besetzen. Das heißt also, die Bundeswehr marschiert jetzt nicht oder die Bundesrepublik marschiert nicht in die NATO ein und besetzt alle wichtigen Stellen, sondern da wird ganz fein darauf geachtet, dass sie eben bestimmte Posten übernehmen darf, bestimmte Posten aber eher nicht bekommt und in den ersten Jahren ist es eben so, dass insbesondere der Aufbau der Bundeswehr unter sehr starker Unterstützung der westlichen Alliierten, insbesondere der Briten und Amerikaner, erfolgt, das heißt deren Streitkräfte, deren Politiker beobachten ja schon sehr genau, was in der Bundeswehr überhaupt stattfindet und passiert. Und es gibt ja dieses Bonmot von Adenauer, der mal gefragt worden sein soll, ob denn Hitlers Generale auch die Generale der neuen Bundeswehr sind. Und er hat dann gesagt 18-jährige Generale wird die NATO mir nicht abnehmen. Letztlich sind ungefähr 40.000 Angehörige der Wehrmacht in die Bundeswehr eingetreten. Das ist das Personal, das ganz zu Beginn gebraucht wird, also militärische Erfahrungsträger ausgebildete Offiziere und Unteroffiziere aller Ränge und Stufen, mit denen man anfängt, sozusagen die Grundstrukturen der Bundeswehr aufzubauen, auch wieder mit starker Anlehnung an die Alliierten und das heißt erst ab 1957 mit der Umsetzung der Wehrpflicht, mit dem Zustrom von anfänglich zehn Tausenden und in der Spitze rund 220.000 Wehrpflichtigen im Jahr, die in die Bundeswehr reinkommen und auch eben wieder rausgehen. Erst da haben wir dann die Armee, die sozusagen die ursprünglichen Zusagen zur NATO erfüllt.
Gutzeit:
Ich möchte noch mal auf das zurückkommen, was sie gesagt haben. Sie sagten, 40.000 Männer aus der Wehrmacht werden in die Bundeswehr übernommen und kommen dann in die NATO. Wie hat das das innere Gefüge der NATO gestaltet? Wie ist man da miteinander umgegangen? Weil auf Manövern hat man miteinander geübt, um im Ernstfall gemeinsam zu verteidigen.
Möllers:
Da gibt es ganz unterschiedliche und ich finde auch vielschichtige Beobachtungen, die man da anstellen kann. Ich greife mal zwei, drei Beispiele heraus. Der erste Generalinspekteur der Bundeswehr ist der General Adolf Heusinger. Das ist derjenige, der zwischen 38 und 44 für Hitler den Krieg geplant hat. Und er liegt am Tag des Attentats von Stauffenberg mit Hitler auf der Karte, als die Bombe explodiert. Den holen die Amerikaner mehr oder weniger ganz gezielt in die Bundeswehr. Also Spitzenkräfte von Hitler findet man vereinzelt auch. Und auf der anderen Seite ein sehr interessantes Beispiel sind die vielen Flugzeugführer – Kriegsgedienten teilweise, man muss das immer ein bisschen in Anführungszeichen setzen, hochdekorierte Ritterkreuzträger mit unzähligen Abschüssen, die also jetzt durch amerikanische Fluglehrer ausgebildet und in die neue Rolle hineingeführt werden. Die werden von ihren Fluglehrern vergöttert, weil die ja wirklich was im Luftkrieg geschafft haben. Also ich glaube, die Alliierten haben sehr schnell erkannt, dass diejenigen Soldaten, die in die Bundeswehr eingetreten sind, insbesondere in den höheren Rängen eine ausgesprochen hohe Lernfähigkeit hatten und das betrifft jetzt also den jungen Major i.G.im Generalstabsdienst Wolf Graf von Baudissin, der nach vier Jahren Kriegsgefangenschaft in Australien in die Bundeswehr eintritt, genauso wie den Generalleutnant a.D. Adolf Heusinger, der dann wieder eine Uniform anzieht. Und im Großen und Ganzen haben die NATO Staaten das akzeptiert. Die Frage wäre jetzt eher, ob es irgendeine Alternative gegeben hätte. Und das ist eine rhetorische Frage. Denn wenn man eine Armee aufbaut, kann man jetzt nicht nur mit Mannschaften, mit Wehrpflichtigen anfangen, man braucht auch welche, die führen.
Gutzeit:
Sehr interessant, diese menschliche Seite mit einem Mal zu einer anderen Seite, nämlich von der menschlichen mal abgesehen, zur atomaren, und zwar zur Nuklearfrage. Eines der schwierigsten Themen der Bundeswehr ist die Rolle der Nuklearwaffen. Was heute auch wieder deutlich wird, haben sie eine entscheidende Rolle einen wichtigen Platz in der NATO und Bundeswehr Geschichte.
Möllers:
Also der spätere Luftwaffen General Johannes Steinhoff, der die Kubakrise und den Strategiewechsel der NATO in seinen Ursprüngen in Washington und damit am allerwichtigsten Partner in der Allianz erleben konnte, der beschrieb die Nuklearwaffen als die Lebensversicherung für die Bundesrepublik. Nuklearwaffen waren aus Sicht der Vereinigten Staaten in der Anfangsphase der NATO ein legitimes und vor allem auch kostengünstiges Mittel. More Bang for the buck also für weniger Geld, viel mehr Durchschlagskraft. Und wenn eben die Atombombe seit 1945 einmal eingesetzt und existent da ist, wenn sich eben beide Seiten, der Osten und der Westen, die Amerikaner und die Sowjets damit ausstatten, dann ist das eine Qualität, die das Kriegsbild, die Vorstellung vom Krieg auf jeden Fall dominiert. Die Bevölkerung in Deutschland hat das sehr kritisch gesehen. Es gibt ja auch zahlreiche Proteste, die jetzt allerdings in Deutschland nicht mehrheitsfähig sind. Auf der anderen Seite hat Konrad Adenauer mal gesagt Das ist nur eine neue Weiterentwicklung der Artillerie. Das ist eine sehr drastische und vollkommen unzulängliche Verkürzung. Also die Nuklearwaffen, die dann eben auch für die Bundeswehr bereitgehalten worden sind. Durch die Amerikaner, sind genauso wie die Nuklearwaffen auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs ein Droh und Druckmittel, die dann eben auch zeigen, dass man einen Krieg möglicherweise mit diesen Mitteln verhindern kann. Dazu muss man jetzt eben noch eins sagen In der Gründungsphase hat die NATO die Strategie der massiven Vergeltung, weil die Amerikaner die einzige wesentliche große Atommacht sind.
Gutzeit:
Was heißt das nun mal? Die massive Vergeltung? Können wir das ein bisschen ausbauen?
Möllers:
Ja, man kann das sehr verkürzt so darstellen, dass also die NATO einen Krieg oder einen militärisch bewaffneten Konflikt mit dem Einsatz von Nuklearwaffen sofort beantwortet hätte. Das kann also sein, dass die Warschauer-Pakt-Streitkräfte mit Tausenden Panzern in der Lüneburger Heide oder in Richtung Lüneburger Heide die Grenze überschreiten. Es kann aber auch sein, dass irgendwo an der Grenze des NATO Territoriums irgendein Scharmützel von 20 Soldaten stattfindet. Und das zeigt gleich, dass dieses Denken vollkommen ungeeignet ist, kleinere Konflikte irgendwie zu händeln. Das wird der amerikanischen Regierung unter Kennedy 1962 mit der Kubakrise klar Amerikanische Militärs sind bereit, die Insel zu atomisieren, und der Präsident sagt Nee, das machen wir nicht. Und da läuft sehr viel Diplomatie auf Kanälen, die keiner so richtig mitbekommt. Die Sowjets ziehen ihre Raketen von Kuba ab, und die Amerikaner schwenken innerhalb der NATO schon mal auf eine neue Strategie um. Flexible response, also flexible Antwort, die im Grunde genommen das viel bessere Instrument ist, um Konflikte zu beherrschen. Also das ist ein abgestuftes Konzept. Seit 1968 in der NATO dann die Strategie. Es geht um Direktverteidigung. Wir reagieren auf der Eskalations-Schwelle, die die andere Seite vorgibt. Wir können eine vorbedachte Eskalation ausüben, wenn wir merken, dass wir konventionell nicht stark genug sind, um diesem Angriff standzuhalten. Und schlimmstenfalls geht man in die allgemeine nukleare Reaktion. Dann wird also mit Interkontinental-Waffen gearbeitet. Das, was allerdings diese Strategie auch charakterisiert ist, und da sind wir wieder bei dem politischen Gremium, bei der politischen Allianz, dass die NATO das gemeinsam mit dem sogenannten Harmel Bericht öffentlich macht, dass sie also in einer diplomatischen Note, so könnte man es verstehen, Verteidigungsfähigkeit und Entspannungspolitik als zwei ihrer politischen Handlungsstränge aufzeigt. Also Verteidigungsfähigkeit ist klar. Das ist das Bündnis, das ist die Strategie, mit der dreistufigen Reaktion Form. Und auf der anderen Seite bietet man jetzt einen Dialogfaden an.
Gutzeit:
Wir haben jetzt über die massive Vergeltung gesprochen und über die Strategie der flexible response. Aber im Zentrum dieser Strategien steht ja die nukleare Bewaffnung. Warum eigentlich, möchte ich mal fragen hat Deutschland oder Westdeutschland keine Atomwaffe bekommen, wenn sie denn so einen guten Kosten-Nutzen-Faktor hatte? Hat man Deutschland nicht genug vertraut oder wollte, wenn Adenauer nur eine Weiterentwicklung der Artillerie sieht, einfach selbst keine?
Möllers:
Nein, das ist einer der nicht unbedeutenden Nebenfaktoren bei der Gründung der Bundeswehr und der Aufnahme in die NATO, dass man mit den westeuropäischen Staaten eben ein noch weiter existierendes Bündnis, die Westeuropäische Union geschaffen hat und sich im Zuge des Beitritts der Bundesrepublik die Bundesrepublik darauf verzichtete, atomare, biologische und chemische Waffen zu produzieren und zu besitzen. Das heißt also, das, was die Bundeswehr an nukleare Bewaffnung bekommt, ist nicht ihre Bewaffnung. Die gehört den Amerikanern, die ist in den Standorten unter amerikanischer Kontrolle, unter amerikanischer Bewachung. Und die Deutschen stellen die Trägermittel, also Flugzeuge, Raketen, Haubitzen. Deutschland hat die Hardware, um diese Atomgranaten und -bomben von A nach B zu bringen, aber sie hat sie selber nicht. Unterm Strich könnte man sagen, das ist jetzt ein Relikt des Kalten Krieges. Das ist ein Modus, den man eingeführt hat, auch um politisch zu kommunizieren: Wir haben keine Atombewaffnung. Tatsächlich hat man sie aber ja faktisch irgendwo doch. Denn im Zweifelsfall hätten die Vereinigten Staaten als Schutzmacht, als Inhaber dieser Waffen die auch zur Verfügung gestellt.
Gutzeit:
Sehr spannende Frage. Aber jetzt wollen wir auch mal wieder uns ein bisschen entspannen und kommen zu dem Punkt, den ich eben kurz verzögert habe. Was hat es denn mit der Entspannungspolitik auf sich? Wenn denn beide Seiten so bis an die Zähne nuklear bewaffnet waren, wie kommt es dann zu einer politischen Entspannung?
Möllers:
Wenn man sich die 60er Jahre anschaut, die mit dem Mauerbau 1961, mit der Kubakrise 1962 und sicherlich auch mit dem Sechstagekrieg der israelischen Streitkräfte 1967 und dem Vietnamkrieg wirklich einige Krisen und Kriege verzeichnet, dann sehen wir auch, dass sich die beiden Bündnisse stabilisiert haben. Und ich glaube, die Kubakrise war eben auch für den Ostblock oder insbesondere die Sowjetunion der Punkt, wo sie erkannt hat, dass sie nicht in Anführungszeichen alles machen kann, dass ihre Expansion irgendwo Grenzen hat und dass sie nicht gefahrlos ihren Macht- und Einflussbereich erweitern kann. Kleiner Sidestep: Die konzentrieren sich dann auch stark auf den afrikanischen Kontinent. Das Interessante ist, dass diese, ich sage es mal so Stabilisierung des Konfliktes in den 60er Jahren dann eben auch dazu führt, dass insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland der Politikwechsel von einer CDUChristlich Demokratische Union geführten hin zu einer letztlich SPDSozialdemokratische Partei Deutschlands geführten Regierung, und ab 1966 ist die SPDSozialdemokratische Partei Deutschlands in der Regierung mit drin, neue Aktionsfelder eröffnet. Und die Ostpolitik, die ja wirklich das wichtigste Ereignis der Entspannungspolitik in Mitteleuropa aus meinem Blickwinkel ist, ist ja mit den Namen von Willy Brandt und Egon Bahr verbunden. Also Willy Brandt ist derjenige, der es kommuniziert, der eben als früherer Regierender Bürgermeister in Berlin diesen Spagat als westdeutscher Politiker auch für die ostdeutsche Bevölkerung mitdenken zu müssen, ganz anders erlebt hat als vielleicht ein Bundestagsabgeordneter aus dem Wahlkreis Bitburg oder sonst wo. Und Willy Brandt konzentriert sich ab 1966 schon sehr stark darauf, eben mit diesen osteuropäischen Staaten wieder ordentliche oder normale diplomatische Beziehungen zu bekommen, bei denen es die Erinnerung an den Krieg noch sehr viel lebendiger, weil eben der Krieg in Osteuropa von der Wehrmacht sehr viel erbarmungsloser und rücksichtsloser geführt worden ist. Und das, was wir dann eben erleben in diesen ganzen Vertragswerken mit der Tschechoslowakei, mit Polen, mit der Sowjetunion, ist erst mal ein diplomatisches Stück Papier. Man hat eine Normalisierung diplomatischer Beziehungen, und in allen diesen Verträgen wird auch der Gewaltverzicht dokumentiert und auch die Integrität territorialer Grenzen garantiert. Das ist für diese Staaten Tschechoslowakei, Polen und auch die Sowjetunion ganz besonders wichtig. Es geht darum, von der deutschen Seite, auch von der westdeutschen Seite eine wirklich greifbare Absichtserklärung zu einer friedlichen Politik zu bekommen. Mit der DDRDeutsche Demokratische Republik ist das Vertragswerk noch ein bisschen komplizierter, denn da geht es nicht um Polen, Tschechen, Slowaken oder Sowjetbürger, sondern da geht es aus der Sicht der Bundesrepublik um Landsleute. Dieser Vertrag kommt erst 1972 zustande, und das ist ja auch der Vertrag, nach dem erst mal diplomatische Beziehungen zwischen der Bundesrepublik und der DDRDeutsche Demokratische Republik zustande gekommen. Bis dahin hat jede Bundesregierung es abgelehnt, mit Staaten diplomatische Beziehungen zu haben, die die DDRDeutsche Demokratische Republik völkerrechtlich anerkennen. Und jetzt auf einmal erkennt im Grunde genommen die Bundesrepublik auch die DDRDeutsche Demokratische Republik völkerrechtlich an, und da erleben wir jetzt in den Jahren ab 1970 so ganz interessante Wegmarken. Beide Staaten, beide deutschen Staaten, werden 1973 in die Vereinten Nationen aufgenommen. Das ist ja ein Bündnis oder ein Zusammenschluss, der insbesondere in der Endphase des Zweiten Weltkriegs alle die Staaten vereint hat, die gegen Deutschland im Krieg standen. Jetzt kommen die beiden mit in den Saal. 1973 setzt dann eben auch der KSZE Prozess ein. Also man findet ein Dialogforum, wo man Ost und West an den Tisch bringt und zwar in großen Runden. Und da eben auch die Zusammenarbeit neu definiert, also wirtschaftliche Kooperation, kultureller Austausch und insbesondere auch diesen sogenannten vierten Korb, die Menschenrechtsfragen. In den westlichen Staaten ist das ja eigentlich gar kein großes Thema. Die Grundrechte sind im Grundgesetz der Bundesrepublik die ersten Artikel. Aber die Menschenrechte, also politische Freizügigkeit oder Meinungsfreiheit, ist ja in sozialistischen Staaten nicht unbedingt im Sinne der Staatsführungen. Aber man kommt eben überein und dokumentiert das und hat damit auch irgendwo einen Dialogfaden, in dem sich diese Staaten in diesem Format immer wieder austauschen. Einigungen erzielen – nicht immer einfach. Aber hier gilt vielleicht wirklich der Grundsatz so lange man redet, schießt man nicht aufeinander.
Gutzeit:
Ja, finde ich sehr wichtig, gerade in der heutigen Zeit, wo wir uns in einer Krise wähnen, die von einer neuen und nächsten Krise immer wieder gefolgt wird. Aber gerade das ist, glaube ich, das Entscheidende in der Zeit der Krise den Kopf nicht hängen zu lassen. Wir haben jetzt über die äußeren Krisen gesprochen, aber es gibt natürlich auch innere Krisen. Gerade das ist ja heute etwas, wo man sich Gedanken macht Was geschieht mit der NATO? Ich frage Was geschah mit der NATO? Wenn man in die Jahre seit ihrer Gründung blickt, waren die inneren Krisen wahrscheinlich nicht weniger als die äußeren. Was können Sie dazu sagen?
Möllers:
Ja, das ist eben das Problem. Wenn man souveräne Staaten zusammen in einem Bündnis vereint. Da hat jeder seine eigenen Vorstellungen, seine eigenen Aktionsflächen und vor allem auch seine eigene Politik. Und das sehen wir eben schon 1966 67, als Frankreich aus der militärischen Integration der NATO aussteigt, also nicht aus der NATO als Bündnis. Aber sie ziehen im Grunde genommen alle Soldaten raus und das NATO Hauptquartier muss von Paris nach Brüssel umziehen. Wieso machen Sie das? Weil der damalige Staatspräsident Charles de Gaulle eben mit diesem Bündnis, das ganz zwangsläufig ein sehr stark von den USAUnited States of America geprägtes Bündnis ist, sich da unterzuordnen. Und Frankreich ist seit 1962 Atommacht. Aber diejenigen, die den Takt angeben, die die Strategie des Bündnisses vorgeben, die die wesentlichen Entscheidungen des Bündnisses auch in ihrem Sinne etablieren, das ist eben nicht Frankreich. Es ist vielleicht etwas sehr einfach zu denken, dass französische Politiker immer wieder den Eindruck erwecken, sie fühlen sich immer noch als Statthalter einer Grande Nation. Das sind sie nicht. Sie sind eine Mittelmacht in Europa. Und diesen Begriff, diesen politischen Begriff der Großmächte, den jeder aus dem Schulunterricht kennt, der also zurzeit des Ersten und Zweiten Weltkrieges noch etabliert ist, der wird ja nicht abgeschafft. Er wird ja nur durch den Begriff Supermächte noch mal etwas weiter spezifiziert. Also die Supermächte sind die Sowjetunion und die USAUnited States of America und die beiden geben den Takt an, und für die übrigen Großmächte bleibt da an politischer Bewegungsfreiheit nicht besonders viel übrig in der NATO. Griechen und Türken sind Mitglied der NATO. Also in Griechenland hat man nach dem Zweiten Weltkrieg erst mal einen kommunistischen Putsch verhindert. Mit amerikanischer Militärhilfe hat dann eben auch dort ganz schnell erkannt, dass man den Kommunismus eindämmen und zurückdrängen muss. Und diese beiden Staaten, Griechenland und der Türkei, stehen sich seit Ewigkeiten wegen irgendwelcher Inseln in der Ägäis unverbrüchlich gegenüber. Aber man hat noch nirgendwo gehört oder kaum gelesen, dass also das Zusammenwirken von griechischen und türkischen Offizieren in NATO Stäben oder Hauptquartieren nicht funktioniert. Trotzdem besetzt die Türkei 1974 den Nordteil der Insel Zypern, also der Konflikt ist da, er ist ständig spürbar. Auch am Beispiel der Aufnahme Zyperns in die Europäische Union kann man das dann sehen. Und trotzdem funktioniert das in der Allianz, möglicherweise mehr schlecht als recht. Und es ist ja scheinbar ein Treppenwitz, dass die größten Panzerarmee, wenn man das so bezeichnen möchte, in der NATO die Griechen und die Türken haben. Und wieso haben sie die? Weil sie ständig damit rechnen oder es so behaupten, dass die Gegenseite, also für die Griechen, die Türken und für die Türken die Griechen die größte Gefahr ihrer Existenz ist und welche Probleme dann in die NATO auch hineingetragen werden, sieht man insbesondere im Zuge der Entspannungspolitik. Wenn eben dann der eine oder andere Staat eben auch anfängt, seine Verteidigungsausgaben zu reduzieren. Es gibt dieses sehr böse Schlagwort von der dänischen Krankheit. Dänemark ist eines der Länder, das eben aufgrund seiner Größe eigentlich ein sehr kleiner NATO Staat in den 70er Jahren beginnt, seine Verteidigungsausgaben zu reduzieren und die Streitkräfte auch zu reduzieren. Und da hat man natürlich die Befürchtung der NATO, dass damit das Gesamtkonstrukt ins Wanken kommt. Wenn die Streitkräfte Strukturen der NATO durch Einzelaktionen von Mitgliedsstaaten reduziert werden. Diese Streitkräfte Reduzierungen sind natürlich häufig auch demographisch bedingt und sie sind natürlich immer eine Finanzfrage. Das sollte die Bundesrepublik Mitte der 80er Jahre auch erleben, als man feststellte Uns gehen die Wehrpflichtigen aus. Das hat sich nicht mehr ausgewirkt. Aber das zeigt uns eben, dass jedes NATO Land auch seine ganz eigene Politik betreiben kann. Und das letzte Beispiel wäre jetzt dann das eben die Besetzung der Malvinas oder der Falkland Inseln durch Argentinien dazu führt, dass scheinbar ganz Großbritannien mobilisiert wird, um diese Inseln wieder zu erobern.
Gutzeit:
Ja, und das muss man sich mal vorstellen. In diesem Krieg werden britische Schiffe zum Beispiel mit argentinischen Waffen aus Frankreich beschossen und bekämpft. Von einem NATO Partner.
Möllers:
Es ist natürlich toll für den Hersteller dieser Raketen, dass er endlich mal einen Beweis der Leistungsfähigkeit bekommt. Auf der anderen Seite ist es natürlich für die Briten sehr ärgerlich, dass da mehrere Schiffe untergehen. Ich glaube, zwei werden durch Raketen mehr oder weniger so beschossen, dass sie nachher untergehen. Übrigens haben die ihre Schiffe auch in großen Teilen aus Aluminium gebaut, was natürlich noch mal wieder Hitze empfindlicher ist gegenüber gewöhnlichem Stahl. Aber das zeigt uns eben auch, dass hinsichtlich der Rüstungsexporte mancher NATO Staat dann auch dorthin liefert, wo auch das Geld dann zurückkommt.
Gutzeit:
Ja, wirklich sehr, sehr interessante Aspekte. Vor allem ich halte fest, auch viele Probleme gibt es, aber auch viele Lösungen. Und die Lösung heißt ein gemeinsames Ziel, nämlich einer für alle, alle für einen, für ein Leben in Frieden und Freiheit. Und ich denke, das ist auch heute noch gültig. Das ist das, was uns heute zusammenhält und wofür wir gemeinsam kämpfen sollten. Herr Oberstleutnant Dr. Möllers, ich möchte mich herzlich bei Ihnen bedanken. Vielen Dank für Ihre Antworten auf meine Fragen. Wir haben jetzt nur bis zum Ende des Kalten Krieges gesprochen. Die Geschichte der NATO ging natürlich ab 1990 weiter zu 2001 zum Ausrufen des Bündnisfall nach Artikel fünf. Aber das sind Aspekte, die denke ich sprengen unseren heutigen Senderahmen aber dazu wer noch Informationen und Fragen hat, werden Sie gerne in der Literatur des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr fündig. Ich bedanke mich sehr, Ihre Aufmerksamkeit für Ihre Geduld und noch mal Herr Oberstleutnant an Sie. Herzlichen Dank.
Möllers:
Es war mir ein Vergnügen.
Gutzeit:
Das war zu gehört zu 70 Jahre Deutschland der NATO. Frieden in Freiheit.